*fynf*fynfeins*interview1*
dasMo im Gespräch
#FynfFragen #FYNFeins
Wenn du eine Priorität
neu setzen dürftest,
welche wäre das?
Linus Frank
Da wir mangels Bekanntheit noch keine externen Interview-Partner gewinnen konnten, haben wir heute ein Mitglied des Gründa°Clubs eingeladen. Chris von Dreisilben.
Chris, du bist auf Ypsilon unser wandelndes Philosophie-Lexikon. Neben dem Mentoring im Gründa°Club engagierst du dich auch in der Mediation der Bürga°Lobby.
Immer wenn jemand fragt, ‘Warum machen Menschen das?’, hast du die passenden Quellen. Meist Vera F. Birkenbihl und Robert E. Cialdini.
Heute frage ich dich aber nicht nach dem Warum. Heute werde ich mit dir in die Zukunft reisen und frage dich:
Wenn du eine Priorität neu setzen dürftest, welche wäre das?
Chris von Dreisilben
Zuerst mal danke für die Einladung, Linus,
und für diese sehr schmeichelhafte Vorstellung.
Da schlummert schon seit vielen Jahren
ein Wunsch ganz tief in meinem Herzen,
der nur auf diese Frage gewartet hat.
Ich würde aufhören,
Klicks und Interaktionen zu zählen
und stattdessen messen,
wie nützlich Inhalte
für meine Konsumentaen° sind.
Ist der Mensch,
der meinen Text,
meinen Post,
mein Video konsumiert hat,
dadurch auf irgendeiner Ebene
reicher geworden?
Sei es klüger, gesünder oder glücklicher.
Linus:
Was erwartest du dir von dieser geänderten Priorität?
Chris:
Was soll ich jetzt da sagen?
Dass möglichst viele Menschen klüger,
gesünder und glücklicher werden.
Linus:
Glaubst du denn, wir werden aktuell dümmer, kränker und unglücklicher?
Chris:
Das glaube ich nicht nur, das ist ja empirisch messbar. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber die Lebenserwartung in Deutschland geht gerade zurück. Therapieplätze sind auf Jahre ausgebucht. Die Suizidrate bei Frauen ist 2023 um 8% gestiegen.
Linus:
Warum dann dein Ansatz, den Nutzen von Medien zu messen? Wäre es nicht wichtiger, das Therapie-Angebot zu erhöhen?
Chris:
Das Therapie-Angebot zu erhöhen, wird Jahre dauern. Inhalte neu zu bewerten, ist ein technischer Aufwand von einigen Wochen oder Monaten. Man kann die Messung des Nutzens ja einfach zu den bestehenden Analysen hinzufügen. Da muss technisch also nicht geändert werden, da kann ergänzt werden.
Linus:
Warum macht man das bisher nicht?
Chris:
Weil mit der klassischen Messung von Interaktionen mehr Geld zu verdienen ist.
Vereinfacht gesagt, besteht unser Gehirn aus zwei Zonen. Daniel Kahneman geht in seinem Buch ‘Schnelles Denken, langsames Denken’ in eine ganz ähnliche Richtung.
Vorne dran ist das Krisenzentrum. Alle Informationen laufen zuerst da ein und werden bewertet. Die Frage immer: droht hier Gefahr?
Vor 50.000 Jahren lief das etwa so ab:
Alarm! Schlange auf 3 Uhr. Nix wie weg.
Alarm! Hier riechts nach Säbelzahntiger. Nix wie weg.
Alarm! Neben dem Strauch mit den hübschen Beeren liegt ein Toter. Nicht essen.
Heute haben wir keine derartigen Gefahren mehr im Alltag. Heute lösen daher viel banalere Dinge einen Alarm aus:
Alarm! Politesse voraus. Hier nicht parken.
Alarm! Es öffnet eine neue Kasse.
Alarm! Dieselpreise steigen.
In dieser Alarm-Phase können wir nicht klar denken.
Wir wollen aber etwas tun,
wir wollen auf den Alarm reagieren.
Also handeln wir instinktiv.
Wir liken.
Wir teilen.
Wir kommentieren mit dem erstbesten Satz, der uns einfällt.
Und wir kaufen. Ohne nachzudenken, ob wir das wirklich brauchen.
Wenn wir Inhalte gezielt konsumieren – zum Beispiel in aller Ruhe einen Ernährungsratgeber lesen – dann winkt das Krisenzentrum die Informationen durch zu unserem Bewusstsein. Hier können wir rationale Entscheidungen treffen. Und damit sind wir so beschäftigt, dass wir zumeist nicht auf die Idee kommen, das mit der Welt zu teilen.
Nützliche Inhalte,
bereichernde Inhalte,
Inhalte, die uns glücklich machen,
die uns weiterbringen,
sind also stumm.
Und selbst wenn wir sie messen:
Nützliche Inhalte lösen keine Impulskäufe aus.
Linus:
Du meinst also, es wird nie jemand den Nutzen von Artikeln messen, weil damit kein Geld zu verdienen ist?
Chris:
Nein, das meine ich gerade nicht.
Profit-getriebene Unternehmen werden die klassische Methode beibehalten, also möglichst viele Leute unnötig alarmieren und in Impulskäufe treiben. Idealisten – und davon gibt es zum Glück mehr als du denkst – publizieren bereits seit Jahren zunehmend nützliche Inhalte.
Und jetzt stell bitte dein Licht nicht länger unter den Scheffel, denn du bist ja ein solcher Idealist° und das Gründa°Team von dasMo | morgenjournal.berlin besteht auch nur aus solchen Idealisten.
Linus:
Das kannst du sagen, ich nicht. Ich kann mich nur dafür bedanken.
Wie können wir deiner Meinung nach möglichst viele Idealisten dabei unterstützen, nützliche, bereichernde Inhalte zu publizieren?
Chris:
Veröffentlicht deren Inhalte. Ganz oder als Teaser, wie die Creators° und Autoraen° es bevorzugen. Baut dasMo | morgenjournal.berlin zu einem Hub aus für Inhalte, die klüger, gesünder und glücklicher machen.
Linus:
Danke, Chris, für deine Zeit und deine Gedanken.
Nachtrag der Redaktion:
Die Bürga°Lobby hat mittlerweile einen Creators°Cohort gestartet, über den du deine Inhalte auf unseren Kanälen teilen kannst: bloona5